Narkolepsie: Übeltäter der rätselhaften Schlafkrankheit enlarvt

Patienten mit Narkolepsie, einer seltenen Schlafkrankheit, leiden an übermässiger Tagesschläfrigkeit und kurzen Episoden mit Verlust des Muskeltonus, der durch Emotionen ausgelöst wird. Eine in der renommierten Fachzeitschrift «Nature» veröffentlichte Studie berichtet erstmals, dass bei Patienten mit Narkolepsie autoreaktive T-Lymphozyten existieren.

von Dominic Dähler
Prof. Federica Sallusto
Prof. Federica Sallusto

Narkolepsie ist eine seltene chronische Gehirnerkrankung, die etwa 0,05 Prozent der Bevölkerung betrifft und sich mit übermässiger Tagesschläfrigkeit (mit «Schlafattacken»), Kataplexie (Verlust der Muskelkontrolle, typischerweise ausgelöst durch plötzliche positive Emotionen), Schlaflähmungen, Halluzinationen und gestörtem Nachtschlaf manifestiert. Die Ursache der Narkolepsie ist ein Verlust von Neuronen im Hypothalamus (eine Region des Gehirns), die Hypokretin (HCRT) produzieren – ein Protein, das das Schlaf-Wach-, Emotions- und Ernährungsverhalten reguliert. Da bei 95 Prozent der Patientinnen und Patienten ein spezifischer genetischer Marker (das HLA-Allel DQB1*0602) vorliegt, ist anzunehmen, dass es sich bei Narkolepsie um eine Autoimmunerkrankung handelt. Beobachtungen an eineiigen Zwillingen, die für die Krankheit diskordant sind (der eine hat Narkolepsie, der andere nicht), und die erhöhte Häufigkeit von Narkolepsie nach Infektionen (z. B. Influenza) deuten auf eine mögliche Rolle von Umweltfaktoren als Auslöser des Autoimmunprozesses hin. Die Mechanismen, die beim Verlust von Hypokretin-Neuronen eine Rolle spielen, sind jedoch bis heute ungeklärt.

Die Studie ist das Ergebnis einer engen Zusammenarbeit zwischen Grundlagenforscherinnen und -forschern und klinischen Wissenschaftlern. Sie wurde gemeinsam von Prof. Federica Sallusto am Institut für Forschung in Biomedizin in Bellinzona (IRB) und an der ETH Zürich sowie von Prof. Claudio L.A. Bassetti am Universitären Schlaf-Wach-Epilepsie-Zentrum (SWEZ) der Universitätsklinik für Neurologie am Inselspital in Bern koordiniert. Die Forscherinnen und Forscher verwendeten eine sensitive Methode, die sie entwickelt hatten, um das Repertoire der T-Zellen von Narkolepsiepatientinnen und -patienten zu untersuchen. Damit gelang es zum ersten Mal, T-Lymphozyten des Typs CD4 – und in einigen Fällen solche des Typs CD8 – zu identifizieren, die gegen Hypokretin und gegen ein anderes Protein, das in Hypokretin-Neuronen exprimiert wird, reagieren. Diese Zellen können eine Entzündung verursachen, die zu neuronalen Schäden führt oder sogar hypokretinproduzierende Neuronen zerstören. Die Forscherinnen und Forscher entdeckten auch die molekulare Wechselwirkung, die zur Hypokretin-Erkennung führt, sowie einen möglichen Mechanismus, wie diese autoreaktiven T-Zellen der Immunkontrolle entgehen könnten. Schliesslich wurde keine Kreuzreaktion zwischen Hypokretin und Influenza-Antigenen nachgewiesen.

externe SeiteInstitute for Research in Biomedicine (IRB) The Institute for Research in Biomedicine (IRB)

externe SeiteDepartment of Neurology, at Inselspital, Bern University Hospital

(Dieser Text basiert auf einer Medienmitteilung des Inselspitals Bern)

Die Publikation

«T cells in patients with narcolepsy target self-antigens of hypocretin neurons» (authors: Daniela Latorre, Ulf Kallweit, Eric Armentani, Mathilde Foglierini, Federico Mele, Antonino Cassotta, Sandra Jovic, David Jarrossay, Johannes Mathis, Francesco Zellini, Burkhard Becher, Antonio Lanzavecchia, Ramin Khatami, Mauro Manconi, Mehdi Tafti, Claudio L. Bassetti, Federica Sallusto)

Link zur Publikation in "externe SeiteNature"

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